Neuer KfW Schnellkredit – oder wie Corona gesunde Marktmechanismen aushebelt

Kurz nachdem die Folgen des neuartigen Corona-Virus (Covid-19) in Deutschland spürbar wurden, hat die Bundesregierung reagiert und bestehende Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufgebohrt: sowohl der „KfW-Unternehmerkredit“ als auch der „ERP-Gründerkredit“ wurden angepasst, um mittelständische Unternehmen aus Deutschland in der Corona-Krise zu unterstützen.

Diese Programme machen sich einen vernünftigen Vergabemechanismus zunutze. Der Antragsteller muss seinen Antrag bei der eigenen Hausbank stellen, mit der in der Regel eine längere Beziehung existiert. Die Hausbank ist dann für die Risikobewertung des Antrages zuständig, sodass existierende Kapazitäten und das Vorwissen der Hausbank genutzt und die Kapazitäten der KfW geschont werden. Um den Hausbanken einen starken Anreiz zur positiven Bewertung von Anträgen zu geben, übernimmt die KfW 90 Prozent des Ausfallrisikos. Um der Risikobewertung das notwendige Gewicht nicht zu entziehen, verbleiben 10 Prozent des Ausfallrisikos bei der Hausbank.

Die Annahme liegt nahe, dass auf diesem Wege vermieden werden soll, dass staatliche Mittel an Unternehmen fließen, die mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein werden, diese Mittel zurückzuzahlen, oder nicht nachhaltig wirtschaften und so für Marktverzerrungen (z.B. Überkapazitäten oder Preisverzerrungen) sorgen. Ein sinnvolles Anliegen.

Allerdings scheint diese Schutzvorkehrung dazu geführt zu haben, dass – in der Wahrnehmung der Bundesregierung – zu viele Unternehmen nicht oder zumindest nicht schnell genug vom Rettungsschirm profitierten. Die Folge ist ein weiteres Förderprogramm, der sogenannte „KfW Schnellkredit“.

Dieser Schnellkredit soll, wie der Name verrät, dafür sorgen, dass Unternehmen unverzügliche Unterstützung erhalten. Um dies zu ermöglichen, werden wesentliche Eckpfeiler der bestehenden Programme aufgeweicht oder gänzlich entfernt. Konkret müssen Antragsteller (nur noch) folgende Kriterien erfüllen:

  • Marktpräsenz seit 01.01.2019 oder davor
  • Mindestens 10 Mitarbeiter
  • Gewinn im Geschäftsjahr 2019 oder in der Summe der Jahre 2017-2019 (oder 2018-2019, sofern das Unternehmen in 2017 noch nicht am Markt aktiv war)

 

Sind diese Kriterien erfüllt, haben sich Unternehmen bis einschließlich 50 Mitarbeitern für bis zu 500 TEUR und Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern für bis zu 800 TEUR Kreditvolumen qualifiziert. Die Höhe des Kredits ist dabei auf maximal 25 Prozent des Jahresumsatzes aus 2019 begrenzt.

Klingt soweit noch nicht verkehrt, sagen Sie? Stimmt. Allerdings definiert die KfW den Begriff Gewinn als „Ergebnis vor Steuern“ (Annahme Apenberg & Partner: Gewinn vor Ertragssteuer, ermittelt nach HGB), das um die „jeweils gezahlten Geschäftsführergehälter (in der absoluten Höhe nicht gedeckelt) bereinigt werden“ darf.[1] Ebenso sind keine Sicherheiten notwendig und die Risikoüberprüfung entfällt komplett. Die KfW übernimmt dabei 100 Prozent des Ausfallrisikos.

Ein Unternehmen, das seit mehreren Jahren defizitär wirtschaftet und zum Beispiel einen Verlust in Höhe von 100 TEUR erreicht hat, seinem Geschäftsführer dabei aber 110 TEUR Gehalt pro Jahr zahlt, kommt für den beschriebenen Schnellkredit in Frage. Die Hausbank wird eine Bewilligung in diesem Fall sogar gerne sehen, weil die Bedienung ihrer bereits existierenden Engagements beim Antragsteller dadurch sicherer wird. Diese Bewertung sähe vermutlich anders aus, wenn die Hausbank zusätzliches Risiko übernehmen – und sich dieses Risiko, im Rahmen der Risikobewertung, vorher noch einmal genau anschauen – müsste.

In einer Branche wie der Druckindustrie, die seit Jahren mit Überkapazitäten kämpft, setzt der KfW-Schnellkredit aus Sicht von Apenberg & Partner fragwürdige Anreize.

[1] Ergänzende Angaben zum Antrag: KfW-Schnellkredit 2020 (Stand: 01.06.2020; Formularnummer: 600 000 4524); https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Unternehmen/Erweitern-Festigen/F%C3%B6rderprodukte/KfW-Schnellkredit-(078)/

Blog
23 Oktober 2024
Yorck Wittkuhn
Buchdrucker konnten noch nicht vom #BookTok Trend profitieren.
BranchenstudienDruckindustriePapierindustriePrintmedien
21 Oktober 2024
Anna-Lena Pölitz
Hogan Assessment: Präzise Einblicke für gezielte Personalauswahl und -entwicklung
BranchenstudienPersonalberatung
10 September 2024
Dr. Johannes Warther
Die Evolution des Vertriebs in der Druckindustrie: Vom reinen Druckerzeugnis zur umfassenden Kundenlösung
BranchenstudienDruckindustriePrintmedienVerpackungsindustrie
27 August 2024
Anna-Lena Pölitz
Wenn Bauchgefühl teuer wird: Kosten falscher Personalentscheidungen
Personalberatung
Mehr Details
Möchten Sie mehr über unsere Leistungen erfahren?
Kontaktieren Sie uns